Geschichte

Die extreme Topo­graphie und das harte Klima des Hoch­gebirges formte auch die Kultur seiner Bewohner. Der tägliche Über­lebens­kampf förderte Charakter­züge, die heute als typisch schweize­risch gelten: Selbst­disziplin, voraus­schauen­des Planen und technische Präzi­sion - aber auch eine demo­kra­tische Sozial­struktur mit einem hohen Grad an lokaler Auto­nomie. Ein Beispiel hierfür sind die Berg­schaften - Koopera­tiven, deren Wurzeln bis in die germani­sche Zeit zurück­reichen. Während das Land unten im Tal und auf den Maien­sässen meist in private Par­zellen aufgeteilt war, befanden sich die Wiesen und Wälder an den Berg­hängen im Gemein­besitz. Das Riedji etwa bestand aus 41 privaten Parzellen, doch das Areal über der Alp gehörte zur Riedji-Bergschaft (Grenzmarchungen vom Jahre 1874). Deren Mit­glieder hatten das Recht Holz zu schlagen, Pilze zu sammeln oder ihr Vieh zu weiden, aber waren im Gegen­zug auch dazu ver­pflich­tet, zur Instand­haltung kollek­tiver Infra­struktur beizutragen.
Das trockene Klima und der Mangel an kultivier­barem Land führten im Wallis schon im Mittel­alter zum Bau komplexer Bewässe­rungs­systeme, mit denen Schmelz­wasser oftmals über viele Kilo­meter an die Felder hergeführt wurde. Die zumeist hölzernen Aquae­dukte (Suonen) durch­querten Wälder und Wiesen, führten entlang steiler Fels­klippen und über­brückten schmale Täler. Solche Systeme zu bauen und über Genera­tionen hinweg zu unter­halten erforderte nicht nur enorme tech­nische Fertig­keiten, sondern auch komplexe Formen der sozialen Organi­sation. Auch das Riedji wurde auf diese Art über Genera­tionen hinweg künst­lich bewässert. Mitte des 20. Jahr­hunderts wurde das pflege­intensive offene Kanal­system durch unter­irdische Metall­rohre ergänzt. Die Bewässe­rung der Alp­wiesen erfolgt teil­weise noch immer durch ein Netzwerk kleiner, mit Spezial­werk­zeugen in die Gras­narbe gehackter Kanäle, deren Durch­fluss per Hand reguliert wird.
Fruchtbares Land war in den Hoch­alpen seit jeher ein knappes Gut, und so wurde jeder verfüg­bare Quadrat­meter - teils sogar jenseits der Baum­grenze in 2100 m Höhe - für die Land­wirt­schaft genutzt. Die wenigen verfüg­baren Berg­sattel wurden gerodet und zum "sömmern" der Tiere verwendet. Dies geschah im Falle des Riedji und anderen Alpen im 14. oder 15. Jahr­hundert. Sobald der Schnee im Frühjahr schmolz, trieben die Dorf­bewohner ihr Vieh auf die höher gelegenen Berg­sattel und ver­brachten auch selbst einen Teil des Sommers dort. Das Wort "Riedji" ist eine alte Bezeich­nung für "feuchte Wiese". Da im tief ein­ge­schnitte­nen Matter­tal nur wenig Sonne auf den Tal­boden fällt, wurde bis in die 1940er Jahre sogar Getreide am Südhang des Riedji angebaut - eine extreme Höhe für diese Art der Kulti­vierung. Berg­schafe und die seltenen Walliser Schwarz­hals­ziegen weiden bis heute auf der Alp. Das Geläut ihrer Glocken ist in den Sommer­monaten häufig zu hören und erlaubt es den Schäfern, die Tiere in den zer­klüfteten Berg­hängen zu orten.